Demut

Es sollte ein angenehmer Tag auf dem Hochschwab werden. Wir reisten zu Dritt am 12.10.2022 an und übernachteten im Gasthaus Schuster in Seewiesen. Es war eine kurze Nacht, zu groß war die Aufregung, die Erwartung auf den nächsten Tag. Werden sich die Anstrengungen bezahlt machen, wie anstrengend wird es wirklich, hab ich an alles gedacht? All diese Fragen gingen mir in dieser Nacht durch den Kopf. Außerdem wurde ich ab einer bestimmten Uhrzeit durch ein abwechselnde Schnarchkonzert im Zimmer wachgehalten. Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass jeder von uns anscheinend beim Schlafen zum Schnarchen beginnt. Aber wie heißt es so schön, ohne Beweise ist es nie passiert!

Am nächsten Morgen läutete der Wecker schon um 5:30, schlagartig waren wir munter, ich dazu noch kurz blind, da David das Licht in dem Moment einschaltete, als ich gerade die Augen öffnete und somit ein grelles Licht sah. Um 6:00 waren wir gepackt und saßen unten beim Essen. Draußen war es noch finster und im fahlen Schein der Straßenlaternen merkte man wie nebelig es war. Nach dem Essen fuhren wir die letzten paar hundert Meter zum Parkplatz in der Nähe, wie sich später rausstellte, die beste Idee, die wir hatten.

Um 6:30 gingen wir dann endlich los, es war noch finster, doch man merkte, dass es schon dämmerte. Auch ohne Taschenlampen konnten wir genügend sehen. Doch der Nebel lichtete sich keineswegs. Immer höher stiegen wir zuerst über eine Forststraße und dann schlussendlich durch einen Wald, mit Namen „Der Böse Wald“, dass der Wald seinen Namen nicht von ungefähr hat, wurde uns aber auch erst am Ende der Wanderung klar. Es ging gut voran und als wir das erste Mal die Spitze eines der umgebenden Berge durch den Nebel im Schein der morgendlichen Sonne brennen sahen. Wurde unsere Motivation noch größer und gleichzeitig wurde uns bewusst, was uns noch erwartete.

Wir verschnauften kurz im Schein der aufgehenden Sonne, denn für einen kurzen Moment hatten wir den Nebel überholt. Die Aussicht war atemberaubend. Während die aufragenden Berge unverrückbar in Ihrer ganzen Pracht sich vor uns aufbäumten, lag der Nebel wie eine Decke ausgebreitet über dem Tal, welches wir vor wenigen Augenblicken noch durchquert hatten. Nach dem kurzen genussvollen Moment, gingen wir noch motivierter voran, kaum erwartend, was uns noch für Anblicke erwarten.

 

Die Forlhütte war für eine längere Zeit der letzte Beweis für Zivilisation. Immer höher stiegen wir auf, beim Aufstieg zur Unteren Dullwitz holte uns der Nebel wieder ein, die untere Dullwitz schaute im Mantel des Nebels wie eine komplett andere Welt aus, bestehend aus Schotter und kleinen Latschensträuchern. Noch dazu war es zu diesem Zeitpunkt totenstill. Als wir die Voisthalergasse erreichten, ging es noch durch ein kleines Waldstück bergauf. Ab der Voisthalerhütte waren wir unserem Ziel schon ein gutes Stück näher.

Wir gingen weiter voran, es waren nur noch kleine Latschen zu sehen, doch das, was diese Landschaft am meisten prägt, sind Steine so groß das man meinen könnte ein Troll hätte sie aus Spaß dorthin geworfen. Hier oben wirkt alles wie von einer anderen Welt. Zeitweise waren träumten wir uns in unseren Lieblingsfilm (Buch) „Der Herr der Ringe“, wir träumten, dass wir gerade das Nebelgebirge überqueren auf der Suche nach Abenteuern oder einfach einem guten Lagerplatz. Wären unsere Kleidung und Ausrüstungsgegenstände nicht gewesen, hätte ich es auch geglaubt.

 
 

Kurz vor unserem letzten Anstieg rauf auf den Hochschwab, konnte einer meiner Gefährten nicht mehr. Also fragten wir ihn, ob er noch weiter gehen möchte oder lieber umkehren will. Da er sich entschied, er möchte unbedingt weiter gehen, teilten wir seine Last auf unsere zwei Rucksäcke auf und gingen weiter. Eine Weile später schnappte ich mir seinen Rucksack und trug ihn so weit es ging zusätzlich nach oben. So kletterten wir Stück für Stück, Meter um Meter nach oben. Die Luft wurde spürbar dünner und irgendwann war es geschafft, die 2000er-Marke ward überschritten. Doch mussten wir noch weiter nach oben. Wir teilten uns die Strecke gut auf, ich ging voran einerseits zum Fotografieren, aber auch um zu schauen welcher Weg am leichtesten zu gehen ist und David blieb hinten, um genau auf unseren Gefährten Arthus aufzupassen.

Nach einiger Zeit zeigte mir David mittels Winken, dass ich zurückkommen solle. Bei Ihnen angekommen erklärten Sie mir, dass sie hier abbrechen und nach einer Pause den Rückweg antreten werden. Ich meinte, wenn es für Sie ok wäre, würde ich den weiteren Aufstieg noch wagen.

 
 
 

Gesagt, getan, ich ging weiter und kam nach ca. 20 Min. beim Schiestlhaus an. Nach einem kurzen Zwischenstopp, um zu fragen ob es einen Patch für den Wanderstock gibt, wollte ich unbedingt den Gipfel noch erreichen. Doch gab es zwei Wege zum Ziel, ich entschied mich für den linken Weg, da dieser von meiner Position aus leichter aussah und ich noch im Hinterkopf hatte: „Ich muss heute noch alles wieder zurückgehen.“ Der Weg stellte sich aber noch als der, für mich zu diesem Zeitpunkt, falsche heraus.


Denn nach einem guten Anstieg folgte dann ein Kletterabschnitt. Ich habe lange mit mir gehadert und gekämpft, doch ließ ich diesen Abschnitt dann sein und kehrte um. Es war keine leichte Entscheidung, vor allem, weil ich, wie ich später herausfand, nur noch ca. 10 min. vom Gipfel entfernt war. Doch traf ich die Entscheidung und trat meinen Rückweg an, ich schaute noch kurz beim Schiestlhaus vorbei um eine Suppe und Wasser zu besorgen, damit ich und meine Gefährten noch einmal volle Energie bekommen. Vor allem für Arthus war die Suppe gedacht und half ihm, seine Lebensgeister wiederzuerwecken.

Beim Abstieg, merkten wir, wie viel Kraft uns der Tag schon abverlangt hatte, wir waren zu dem Zeitpunkt doch schon ca. 7 1/2h unterwegs. Wie sich weiters herausstellte war es richtig und gut vorzeitig abzubrechen. Denn je weiter wir zurück gingen, je mehr Orientierungspunkte wir wiedererkannten und je mehr sich die Sonne über den Horizont zurück zog, desto mehr merkten wir wie sehr wir uns schon nach dem Auto sehnten. Jeder Schritt war ein Schritt näher dem Ziel, die einzelnen Pausen wurden kürzer, gleichzeitig wurden die Schritte aber auch vorsichtiger.

Doch sei es wie es sei, der Abstieg verlief eigentlich recht reibungslos, hier merkten wir, dass das schlimmste Stück körperlich gesehen der Auf und Abstieg kurz vor dem Schiestlhaus war, doch der psychologisch schlimmste Abschnitt war der Weg vom „Bösen Wald“ über die Forststraße zum Auto. Da es hier schon finster war und nur die Taschenlampen als Lichtquelle hatten, erkannten wir sehr viele spezielle Punkte des Weges nicht mehr wieder. Wir verirrten uns nicht, aber der Weg erschien dadurch kein Ende zu nehmen. Vor allem die Forststraße war das Highlight, hinter jeder Kurve, jeder Biegung und jeder noch so kleinen Unebenheit glaubten wir das der Parkplatz schon sein muss. Doch erst nach einer guten 3/4h erreichten wir das Auto und unsere abenteuerliche 13 1/2h Wanderung nahm Ihr Ende.

Doch diese Lektionen, fürs Leben, die mir der Berg gab, werde ich nicht vergessen:

Nur weil der Weg, den du eingeschlagen hast, zu nächst richtig aussah, heißt es nicht, dass es auch der für dich richtige Weg ist.

Es ist keine Schande, nachdem du dein Bestes gegeben hast umzukehren und einen anderen Weg zu wählen.

Das nun folgende Video habe ich mit meiner neuen Drohne gefilmt, es war ein Versuch in unbekanntem Gelände zu filmen und zu fotografieren. Auch hier konnte ich wertvolle Erfahrung für die nächsten Abenteuer sammeln.

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